Die Blower-Door-Messung ist eine Differenzdruckmessung, bei der ein Ventilator Luft aus dem Gebäude heraus oder in das Gebäude hinein befördert, bis ein vorgegebener Differenzdruck im Gebäude gegenüber der Umgebung erreicht ist. Der durch die Undichtigkeiten des Gebäudes nachströmende Luftvolumenstrom, zurückgerechnet auf Standardbedingungen, entspricht der Leckage beim gewählten Prüfdifferenzdruck. Grundlage für die Blower-Door-Messung ist seit dem 1. November 2020 das Gebäudeenergiegesetz GEG. Das gilt gleichermaßen für kleine wie für große Gebäude, die beheizt oder klimatisiert werden. Gemäß GEG ist ein „Gebäude … so zu errichten, dass die wärmeübertragende Umfassungsfläche einschließlich der Fugen dauerhaft luftundurchlässig nach den anerkannten Regeln der Technik abgedichtet ist.“ Für die korrekte Dichtheitsprüfung nennt das GEG in § 26 eine Vorgehensweise gemäß DIN EN ISO 9972: 2018-12 Anhang NA. Anders als bei kleinen Gebäuden wird für die Beurteilung der Luftdichtheit großer Gebäude ab 1500 m3 nicht die Netto-Luftwechselrate nL50 sondern die Luftdurchlässigkeit qE50 herangezogen, die per Division des Leckagestroms durch die Hüllfläche errechnet wird. Das ist durchaus sinnvoll, denn aufgrund des großen Innenvolumens und des dadurch immer günstiger werdenden Hüllfläche/Innenvolumen-Verhältnisses erreichen große Gebäude den Grenzwert der Netto-Luftwechselrate nL50 nämlich leicht. Die Luftdurchlässigkeit stellt in diesem Fall die anspruchsvollere Kenngröße dar.
Die Blower-Door-Messung an solchen großen Gebäuden, z.B. Hallen, Industrie- und Verwaltungsgebäuden, Schulen oder Gebäude mit mehreren Wohneinheiten ist für Messdienstleister ein Alleinstellungsmerkmal und daher besonders lohnend, stellt aber auch eine besondere Herausforderung dar.
Berücksichtigung der natürlichen Druckdifferenz
Vor der Messung ist die natürliche Druckdifferenz festzustellen. Ist diese größer als ± 5 Pa, so ist die Messung ungültig. Eine Blower-Door-Messung ist daher an windigen Tagen an sich schon problematisch und aufgrund der Angriffsfläche bei großen Gebäuden schier unmöglich. Außerdem kann eine Messung an hohen Gebäuden nur an denjenigen Tagen vorgenommen werden, an denen der Unterschied zwischen Innen- und Außentemperatur möglichst gering ist. Andernfalls sorgt der thermische Auftrieb für eine hohe natürliche Druckdifferenz.
Messung mit mehreren Ventilatoren im Einzonengebäude
Um einen Differenzdruck von 50 Pa zu erreichen, erlaubt die DIN EN ISO 9972 „große Gebäude zu messen, indem sie in mehrere kleinere Teile untergliedert werden.“ Dieses Verfahren erfordert jedoch einen hohen Aufwand für entsprechende Umbaumaßnahmen und ist auch nicht immer aussagekräftig: Undichtigkeiten zwischen den Gebäudeeinheiten und dadurch auftretende Quereinflüsse bleiben dabei nämlich unberücksichtigt. Sofern der Auftraggeber den Zugang zum gesamten Gebäude ermöglicht, ist es daher zu empfehlen, die Dichtheit der gesamten Gebäudehülle mit einer Gesamtmessung zu überprüfen, um auf diese Weise festzustellen, ob das Gebäude eine Luftdichtheitsanforderung erfüllt oder nicht. Dabei wird die Gebäudehülle mithilfe von mehreren Ventilatoren einem konstanten Druck bei geöffneten Innentüren ausgesetzt, so dass ein Luftverbund im gesamten Gebäude entsteht. Bei Verwendung eines modernen Messsystems ist deren gleichzeitige Steuerung nicht komplizierter als die Steuerung nur eines Ventilators. Das Wöhler BC 600 Blower Check System bietet die Steuerung der gesamten Messung über eine App. Über einen WLAN-Router kann sich die App gleichzeitig mit bis zu vier Ventilatoreinheiten verbinden und diese steuern. Dabei muss der Messdienstleister aber nur eine Ventilatoreinheit im Blick haben. Diese kann er mit einem Klick in der App als Primärgerät definieren. Das Primärgerät regelt dann auf den Solldruck und steuert die weiteren Ventilatoreinheiten. Der Messdienstleister wählt in der App die für seine Messung anzuwendende Norm aus und startet mit einem Klick die Messung. Die läuft mit mehreren Ventilatoren genauso automatisch und normgerecht ab wie mit einem Ventilator.
Quereinflüsse / Schutzzonenmessung bei mehreren Gebäudeabschnitten
Bestimmte Gebäudetypen erfordern allerdings eine Einteilung in einzelne Messzonen. Das ist dann der Fall, wenn ein Luftverbund wie im vorherigen Abschnitt beschrieben nicht hergestellt werden kann, weil es zwischen den Gebäudeabschnitten keine ausreichend großen Öffnungen gibt. Dann lässt sich im Gesamtgebäude kein gleichmäßiger Druck über die Ventilatoren aufbauen, so dass die Messung ungültig ist. Gemäß DIN EN ISO 9972 sollten die Druckunterschiede im zu messenden Innenteil nämlich weniger als 10% der Gebäudedruckdifferenz zwischen innen und außen betragen . Die Druckverteilung im Gebäude kann nach Gebäudevorbereitung und Aufbau der Messvorrichtung und vor der Vorausgehenden Prüfung/Leckageortung mit Hilfe eines Differenzdruckmessgerätes erfolgen.
Ist kein zufriedenstellender Luftverbund mit einer gleichmäßigen Druckverteilung im Gesamtgebäude durch geeignet große Öffnungen herzustellen, erlaubt die Norm „eine abschnittsweise Messung …, indem verschiedene Gebäudeteile nacheinander gemessen werden und aus den Ergebnissen der Gebäudeteile das Ergebnis für das gesamte Gebäude berechnet wird“. Bei diesen Einzelmessungen werden dann selbstverständlich auch Leckagen innerhalb des Gebäudes, also zwischen den einzelnen Messabschnitten, gemessen. Im Prinzip ist es ja auch gewünscht, interne Leckagen aufzuspüren und möglichst zu beseitigen, um den Wohnkomfort zu steigern. Die Problematik liegt aber darin, dass beim Addieren der Abschnitts-Ergebnisse zu einem Gesamtergebnis die Innenleckagen mitaddiert werden, so dass der Grenzwert für das Gesamtgebäude überschritten werden kann, obwohl die äußere Gebäudehülle ausreichend dicht ist. Die DIN EN ISO 9972 nennt diesen Punkt ausdrücklich und empfiehlt dafür eine Schutzdruckmessung: Dabei werden ein oder mehrere an die Messzone angrenzende Gebäudeteile auf den gleichen Druck gebracht wie die Messzone. Diese Vorgehensweise verhindert Luftströmungen durch Leckagen in Trennwänden oder -decken zu angrenzenden Gebäudeteilen (Schutzzonen). Es wird dann nur der Leckagestrom über die Außenwände gemessen. Je nach Gebäudekonstruktion geht der Messdienstleister auch hier abschnittsweise vor und addiert anschließend die ermittelten Volumenströme der Zonenleckagen nach außen, um die Luftdurchlässigkeit für das Gesamtgebäude zu berechnen.
Die Schutzdruckmessung ist somit eine messtechnisch saubere Methode, um die inneren Leckagen nicht in die Beurteilung der Gesamt-Gebäudehülle einfließen zu lassen. Bislang war diese Vorgehensweise mit aufwändigen Umbauten der Ventilatoren verbunden, so dass sie wenig genutzt wurde, obwohl die heute maßgebliche ISO 9972 diese Möglichkeit ausdrücklich vorschlägt. Auch hier erleichtert moderne Messtechnik die Vorgehensweise erheblich, z. B. das Messsystem Wöhler BC 600. Zunächst baut der Messdienstleister auch hier in jeder Messzone eine Ventilatoreinheit ein. Anschließend definiert er in der App, ob es sich bei einem Gebäude-Abschnitt um eine Messzone handelt oder um eine Schutzzone, in der der Ventilator einen Gegendruck zur Messzone aufbaut. Das geschieht mit nur einem Klick, so dass ein Wechsel der Zonen in wenigen Sekunden vorgenommen wird, weil der aufwändige Umbau entfällt. Eine abschnittsweise Schutzdruckmessung gemäß ISO 9972, Abschnitt NA 10.3.3, lässt sich damit zügig und komplett ohne Umbauten durchführen.
Welche Messungen für die verschiedenen Typen großer Gebäude geeignet sind, zeigt die im folgenden aufgeführte Übersicht „Anwendungsszenarien für die Luftdichtheitsmessung im Multimode mit mehreren BC 600 Blower Check“.
Fazit:
Auch im Bereich großer Gebäude hat das Thema „Luftdichtheit“ in den letzten Jahren weltweit an Bedeutung gewonnen, und das aus gutem Grund: Eine dichte Gebäudehülle trägt entscheidend zur Energieeinsparung bei, sie fördert den Wohnkomfort und schützt die Gebäudesubstanz. Dringt nämlich Luft durch Leckagen, besteht die Gefahr, dass sich die damit transportierte Feuchtigkeit im Gebäudeinneren oder im Deckenaufbau niederschlägt und dort Schäden hervorruft und das kann insbesondere bei großen Gebäuden teuer werden. Jedoch scheuen viele Messdienstleister das lohnende Geschäft aufgrund des hohen Aufwands bei der Messvorbereitung. Moderne Messsysteme erleichtern die Arbeit jedoch beträchtlich, da die Messung beim Einsatz mehrerer Ventilatoren genauso automatisch über eine App abläuft wie die Messung mit nur einem Ventilator. Auch entfällt der lästige Umbau bei abschnittsweiser Messung oder Schutzzonenmessungen. Stattdessen muss der Messdienstleister jedem eingesetzten Ventilator in der App nur noch per Klick die jeweilige Messaufgabe zuweisen.
Voraussetzung für eine korrekte Interpretation der gemessenen Leckrate bleibt insbesondere bei großen Gebäuden aber immer noch ein Verständnis für die Besonderheiten der Konstruktion. Hier sind Ingenieure und Bausachverständige gefragt, die sowohl die Gebäudetechnik als auch die Bauphysik genau kennen. Sie können dann auch die notwendigen Reparaturarbeiten festlegen, um die vorhandenen Leckagen zu beheben. Abdichten, Einsatz neuer Fenster, Ausschäumen, Isolieren, Einregulierung der raumlufttechnischen Anlage etc.